Die Rotenburger Kreiszeitung berichtet: Privatsphäre per Trennwand

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Holger Bahrenburg (v.l.), die Schülerinnen Fenja Ahlenstorf und Joleen Erhard sowie Ferdinand Pals freuen sich über die erste genderneutrale Toilette am Gymnasium. Foto: Baucke

Sottrum – Ein paar Trennwände, die Demontage zweier Pissoirs und ein neues Schildchen von außen neben der Tür – mehr war nicht nötig für einen Schritt, der an sich nur ein kleiner ist und dennoch ein wichtiges Signal aussendet: Am Gymnasium Sottrum gibt es nun neben getrennten Sanitärräumen für Jungen und Mädchen eine genderneutrale Toilette. In Gang gesetzt hatten das die Schüler selbst, denn der Bedarf, das weiß Joleen Erhard von der Schülervertretung, „der ist auf jeden Fall da“.

Rückendeckung gibt es für die Schüler von der Schulleitung: „Die Frage nach der Geschlechtszugehörigkeit ist ein Thema geworden, das nicht mehr zu verleugnen ist. Was mich überrascht hat, ist, wie deutlich dieses Thema hier bereits angekommen ist“, bekennt Schulleiter Ferdinand Pals. „Veränderungen in der Gesellschaft bedeuten auch Veränderungen in der Schülerschaft. Dazu kommt, dass diese Generation von Schülern dieses Thema ganz anders wahrnimmt, als noch die Generation vor ihnen. Statistisch gesehen kann die Geschlechtszugehörigkeit für bis zu 30 Schüler hier an dieser Schule eine Frage sein. Und nicht jeder traut sich, sich in dieser Frage zu artikulieren.“ Ähnlich sieht es Samtgemeindebürgermeister Holger Bahrenburg: „Es ist ein wichtiges Thema, und es ist auch gut, dass das Anliegen aus der Schülervertretung kommt. Es ist auf jeden Fall ein starkes Signal an die betroffenen Schüler.“

Bereits im Januar vergangenen Jahres hatte sich die Schülerschaft für die Einrichtung einer solchen Toilette ausgesprochen – „und dabei wurde es nicht einfach abgenickt, sondern intensiv diskutiert“, so Pals. „Ein Zeichen, dass die Darstellung des Anliegens überzeugend war.“ Ein Vorbild hatten die Schüler nicht, „wir wissen von keiner Schule, die so eine Toilette bereits hat“, so Erhard und Ahlenstorf.

Nach der Vorstellung hatten sich die Schülervertreter auf die Suche nach einer passenden Sanitäranlage gemacht. Die fand sie im Zwischentrakt zum Neubau hin. „Es sollte auf jeden Fall eine Jungentoilette sein, da dort am wenigsten Umbauten notwendig sind“, erklärt Fenja Ahlenstorf, wie Erhard Mitglied der Schülervertretung. „Dort müssen zum Beispiel nicht erst Urinale eingebaut werden, die sind da ja schon vorhanden.“ Dazu kommt, dass die ausgewählte Anlage zentral und in Eingangsnähe liegt, „dort, wo viele Schüler vorbei kommen“, so Pals.

Mit Marco Körner vom Bauamt nahmen Schüler wie Schulleitung die anvisierte Anlage unter die Lupe. Von den vier vorhandenen Urinalen sind nun zwei abgebaut, die zwei verbliebenen sind nun mit Trennwänden und einer abschließbaren Tür versehen. Auch da hatten die Schüler die Gelegenheit, sich in jedes Detail mit einzubringen – „und das haben sie auch formuliert“, sagt Pals mit Blick auf Erhard und Ahlenstorf. „Jeder soll seine Privatsphäre haben“, machen die beiden Mädchen das Anliegen der Schülerschaft klar. Eine Beschriftung an den Türen weist auf die Pissoirs als auch auf die herkömmlichen Toiletten hin, „und natürlich steht an den Waschbecken auch ein Körbchen mit Hygieneprodukten“, erklärten die Schülerinnen. Insgesamt 3 000 Euro hat sich die Samtgemeinde die Änderungsmaßnahmen kosten lassen. „Das ist vom Kostenrahmen her überschaubar, bringt aber sehr viel“, sagt Bahrenburg. Eine weitere Sanitäranlage für Jungen als Ersatz ist, laut Pals, nicht angedacht. „Wir haben genug, zumal ja auch der Neubau über ausreichend Anlagen verfügt.“

Er sieht nach vorne: So ist er derzeit dabei, mit dem Freibad über eine neutrale Umkleide-Möglichkeit zu sprechen, „die Kleidervorschriften beim Schwimmen sind bereits gefallen“.

Auch wenn die Schüler vorerst nichts weiter in dieser Richtung in der Pipeline haben: „Für uns ist das Thema Gender definitiv nicht abgeschlossen“, machen Erhard und Ahlenstorf klar. „Vielleicht kommt eine weitere genderneutrale Toilette dazu. Auf jeden Fall werden wir uns weitere Projekte überlegen.“ Das sieht auch Pals so: „Vielleicht kommen wir als Gesellschaft mal dahin, dass es gar keine getrennten Anlagen mehr gibt.“

 

Quellenangabe: Rotenburger Kreiszeitung/Visselhöveder Nachrichten vom 24.01.2023, Seite 18

 

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